Modelle ohne gelebte Kausalität in Unternehmen

Performance Management und Incentivierung in Unternehmen
Incentive Systems
Steering Models
Veröffentlicht am
28.10.2024
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In diesem Artikel

Die Verbindung von Performance Management (PM) und Incentivierungssystemen ist in der modernen Betriebswirtschaft eine zentrale Komponente für den Erfolg von Organisationen. Die Annahme, dass finanzielle Anreize und Leistungsmanagement direkt zu einer verbesserten Performance führen, ist in der Praxis weit verbreitet. Jedoch zeigt die Forschung, dass diese Kausalität oft nur theoretisch existiert und in vielen Unternehmen nicht wie erwartet gelebt wird. Dieser Artikel untersucht die Diskrepanz zwischen theoretischen Modellen und der praktischen Umsetzung und beleuchtet, wie Unternehmen häufig scheitern, die gewünschten Ergebnisse durch Anreizsysteme zu erzielen.

Einführung

Performance Management ist ein strategischer Ansatz zur Sicherstellung, dass die Ziele einer Organisation effizient und effektiv erreicht werden. Es umfasst die Planung, Überwachung, Bewertung und Verbesserung der Leistung von Mitarbeitern und der gesamten Organisation. Incentivierungssysteme dienen dazu, Mitarbeiter zu motivieren, diese Ziele durch verschiedene Formen der Belohnung zu erreichen, z. B. durch finanzielle Boni, Karrieremöglichkeiten oder Anerkennung.

In vielen Unternehmen werden PM und Incentivierungssysteme eng miteinander verknüpft, mit der Erwartung, dass Belohnungen die Motivation und damit die Leistung steigern. Doch trotz dieser Annahme erleben Unternehmen oft, dass die Einführung solcher Systeme nicht die erhofften Ergebnisse bringt. Es besteht eine Lücke zwischen den theoretischen Modellen, die eine klare Kausalität zwischen Anreizsystemen und Leistungssteigerung suggerieren, und der Realität, in der dieser Zusammenhang oft nicht greifbar ist.

Theoretische Modelle des Performance Managements und der Incentivierung

Im theoretischen Rahmen zielen Performance Management-Systeme darauf ab, klare Ziele zu definieren, die Leistung zu überwachen und Anreize zu bieten, die eine direkte Belohnung für die Zielerreichung darstellen. Beispiele hierfür sind Modelle wie das Balanced Scorecard-Modell oder die Zielvereinbarungstheorie (Management by Objectives, MBO).

  • Balanced Scorecard (BSC): Dieses Modell integriert finanzielle und nicht-finanzielle Leistungsindikatoren und verbindet sie mit langfristigen strategischen Zielen. Incentivierungen, die an BSC-Systeme gekoppelt sind, basieren auf einer klaren Zielsetzung und Messung von Leistungsergebnissen in verschiedenen Perspektiven (z. B. Finanzen, Kunden, interne Prozesse) (Kaplan und Norton, 1996).
  • Zielvereinbarungstheorie (MBO): Bei diesem Ansatz werden spezifische, messbare, erreichbare, relevante und zeitgebundene Ziele (SMART-Ziele) mit individuellen oder teamorientierten Belohnungen verknüpft. Es wird davon ausgegangen, dass Mitarbeiter durch klare Ziele und entsprechende Incentives motiviert werden (Locke und Latham, 2002).
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Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis

Obwohl die beschriebenen Modelle eine klare Kausalität zwischen Leistungsmanagement und Anreizen implizieren, zeigt die Praxis oft ein anderes Bild. Hier gibt es verschiedene Faktoren, die zur Abweichung beitragen:

  • Überfokussierung auf finanzielle Anreize: Viele Unternehmen verlassen sich stark auf finanzielle Boni, um die Leistung zu steigern. Studien zeigen jedoch, dass finanzielle Anreize nicht immer zu einer langfristigen oder nachhaltigen Leistungsverbesserung führen. Motivation, die nur durch extrinsische Faktoren wie Geld angetrieben wird, ist oft kurzlebig und kann negative Nebeneffekte haben, wie z. B. eine verringerte intrinsische Motivation oder unethisches Verhalten (Pfeffer und Sutton, 2006).
  • Mangelnde Zielklarheit: Unternehmen setzen oft Incentivierungsmodelle ein, die auf schlecht definierten oder sich ständig ändernden Zielen basieren. Wenn Mitarbeiter nicht klar verstehen, worauf ihre Anreize abzielen, wird die Verbindung zwischen ihrer Leistung und den Belohnungen verwässert. Dies führt zu Frustration und sinkendem Engagement.
  • Unzureichendes Feedback: Eine zentrale Komponente erfolgreicher Performance Management-Systeme ist das Feedback. In der Praxis fehlt es jedoch häufig an regelmäßigem und konstruktivem Feedback. Ohne dieses Verständnis können Mitarbeiter ihre Leistung nicht anpassen, was zu einer Kluft zwischen den Erwartungen der Führung und den tatsächlichen Ergebnissen führt.
  • Kulturelle und soziale Faktoren: In vielen Organisationen werden Anreizsysteme eingeführt, ohne die Unternehmenskultur und die sozialen Dynamiken zu berücksichtigen. Mitarbeiter reagieren unterschiedlich auf Anreize, basierend auf ihren individuellen Werten, Überzeugungen und sozialen Kontexten. Ein pauschales Incentivierungsmodell kann daher nicht alle Mitarbeiter gleichermaßen motivieren.

Fallbeispiele und empirische Evidenz

Eine Studie von Pfeffer und Sutton (2006) zeigt, dass Unternehmen, die ihre Incentivierungsmodelle stark auf finanzielle Anreize stützen, oft eine Verschlechterung der langfristigen Leistung verzeichnen. Sie argumentieren, dass ein Übermaß an extrinsischen Belohnungen zu einer Verdrängung der intrinsischen Motivation führt, was das Engagement und die Innovationskraft der Mitarbeiter langfristig beeinträchtigt. Ein Beispiel ist das Investmentbanking, wo hohe Boni zwar kurzfristig die Leistung steigern, aber auch risikoreiches und unethisches Verhalten fördern.

Ein weiteres Beispiel ist das Technologieunternehmen Google, das durch den Einsatz nicht-finanzieller Anreize, wie z. B. die Förderung von Kreativität und Innovation, signifikante Leistungssteigerungen erzielen konnte. Googles Performance Management-Ansatz basiert auf OKRs (Objectives and Key Results), die klare und ambitionierte Ziele setzen, ohne die Performance allein an finanziellen Anreizen zu messen.

Fazit

Obwohl theoretische Modelle eine klare Kausalität zwischen Performance Management und Incentivierung suggerieren, zeigt die Praxis, dass diese Kausalität oft nicht wie erwartet gelebt wird. Unternehmen müssen sich von der Überbetonung finanzieller Anreize lösen und alternative Motivationsfaktoren berücksichtigen, die an die spezifischen kulturellen und sozialen Dynamiken der Organisation angepasst sind. Effektives Performance Management erfordert ein tieferes Verständnis für menschliches Verhalten und eine ausgewogene Kombination aus extrinsischen und intrinsischen Anreizen.

Literaturverzeichnis

Kaplan, R.S. und Norton, D.P. (1996) The Balanced Scorecard: Translating Strategy into Action. Boston: Harvard Business School Press.

Locke, E.A. und Latham, G.P. (2002) ‘Building a Practically Useful Theory of Goal Setting and Task Motivation: A 35-Year Odyssey’, American Psychologist, 57(9), S. 705–717.

Pfeffer, J. und Sutton, R.I. (2006) Hard Facts, Dangerous Half-Truths, and Total Nonsense: Profiting from Evidence-Based Management. Boston: Harvard Business Review Press.

Dr. Kristina Strack

Associate Partner

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